Die Welt braucht pinkfarbene Schattierungen
Wofür steht eigentlich Pink? Für Barbies, Plastikpferdchen und Haarspangen, sprich für Konsum?
Oder für Helligkeit, Signalfarbe und bunte Mischung, also für alles in der Welt, was Zwischentöne
zulässt und Nonkonformismus? Ihr entscheidet und kommt sicher auch noch auf ganz andere
Schattierungen eines Masterplans der Welt. Inspiration kommen diesmal von Safiye Can und ihrem
Text sowie vom buntgeflügelten Engel des Künstlers Ivo Piazza.
Schickt uns eure Gedichte! Wir freuen uns.
Masterplan
Schwemmungen, Ernteausfälle, Wassermangel
Konsumverhalten
die Überfischung der Meere
stoppen
Bewachung gemeinsam beenden
die Welt braucht
pinkfarbene Schattierungen
ozeanblaue Leinenservietten
und Schutzengel
sowie ein Plüschtier.
(aus: Safiye Can, Kinder der verlorenen Gesellschaft, Wallstein Verlag 2017)
Auf knalligem pinkfarbenem Papier ordnet Safiye Can ihren „Masterplan“ an. Aus Zeitschriften und Zeitungen ausgeschnittene Wörter bringen die Schlagwörter der alltäglichen Weltbedrohung ins
Spiel: „KONSUMVERHALTEN STOPPEN“ springt es einem da ins Gesicht. Doch die Form allein, die Zusammenfügungen der Collage scheinen einem Masterplan schon zu widersprechen. Deutlich gegen Ende des Gedichts sieht man ein dunkelblaues „UND“, was auf etwas Neues zu verweisen scheint.
Das sieht so gar nicht nach einem Masterplan aus, oder? Und dann die kleingedruckten Wörter dazwischen? Kommt es vielleicht genau darauf an, das Planen ganz anders zu denken? Offen? Ohne bestimmenden Master?
Wo in eurem Leben widersprechen sich sonst noch Inhalt und Form? Was gilt es einmal ganz
anders zu denken? Wann eröffnen Pläne Spielräume? Braucht die Welt pinkfarbene
Schattierungen? Wie sehen sie aus und wo sind sie zu entdecken? Vielleicht müssen wir sie neu
erfinden?
Wir freuen uns auf eure Gedichte und wünschen euch Tage voller farbiger Schattierungen!

Safiye Can
geb. in Offenbach/Main. Lyrikerin, Autorin, Dichterin der konkreten und visuellen Poesie,
Herausgeberin und literarische Übersetzerin. Studium der Philosophie, Psychoanalyse und Jura an
der Goethe-Universität in Frankfurt/Main. Schreibwerkstätten an Schulen und anderen
Einrichtungen, Gründung der Schreibwerkstatt »Dichter-Club«, Kuratorin der »Zwischenraum-Bibliothek« der Heinrich-Böll-Stiftung. Gastdozenturen in Deutschland und Amerika. Ehrenamtliche Mitarbeiterin bei Amnesty International und PEN-Mitglied. Cans Lyrikbände wurden zu Bestsellern. Zahlreiche Preise u.a.: 2016 Else-Lasker-Schüler-Lyrikpreis, 2016 Alfred-Müller-Felsenburg-Preis für
aufrechte Literatur.
Letzte Publikation: Kinder der verlorenen Gesellschaft, Gedichte, Wallstein (2. Aufl. 2019).
www.facebook.com/safiye.can.poesie
www.instagram.com/dichterinsafiyecan/
lyrix zu Gast Trier
Zum Thema Die Welt braucht pinkfarbene Schattierungen. Lyrik begegnet Heimat(en) finden in Trier
vom 2.9. 2019 bis 5.9.2019 sieben Lyrik-Schreibwerkstätten für junge Leute statt.
Die Lyriker*innen Safiye Can, Bas Böttcher und Martin Piekar leiten die Werkstätten, die im Rheinischen Landesmuseum, Museum am Dom, Museum Karl-Marx-Haus sowie Stadtmuseum Simeonstift stattfinden.
Inspiriert von der Zeile „Die Welt braucht pinkfarbene Schattierungen“ aus Cans „Masterplan“ hat
das Museum am Dom eine Engel-Skulptur des Künstlers Ivo Piazza ausgewählt. Bei dem Engel
handelt es sich um ein Exponat der aktuellen Sonderausstellung „Zug um Zug – Was aus Figuren Menschen macht“, in der zeitgenössische Arbeiten aus dem Grödnertal präsentiert werden.
Das Grödnertal ist seit dem 19. Jahrhundert bekannt für seine Schnitzkunst, die sich nicht nur auf Krippenfiguren und Spielzeug beschränkt, sondern inzwischen auch hochwertige moderne Kunst umfasst. Um sich von den industriell gefertigten Massenprodukten abzugrenzen, haben die Künstler
eine Schutzmarke für Handwerkserzeugnisse ins Leben gerufen. Ivo Piazza arbeitet mit Zirbelholz, das insbesondere in der Region wächst. Seine Figuren, in diesem Fall der Engel, sind nur teilweise aus den Holzstücken herausgearbeitet. So ist die Rückseite des Engels noch deutlich als Ast mit Rinde zu erkennen. Zum Thema Heimaten passt in diesem Fall der Umgang und die Fortentwicklung von traditionellem Handwerk, aber auch das Verwenden von heimischen Ressourcen.

Ivo Piazza
Engel
2009
zu sehen in der aktuellen Sonderausstellung „Zug um Zug – Was aus Figuren Menschen macht“ im Museums am Dom, Trier
Museum am Dom Trier
Das Museum am Dom beherbergt Objekte aus annähernd 1700 Jahren Bistumsgeschichte. Neben einer archäologischen Sammlung, die vor allem frühchristliche Objekte aus Trier umfasst, handelt es sich vor allem um Skulpturen, Malerei, Elfenbeinschnitzereien, Goldschmiedewerke und Paramente.
Rheinisches Landesmuseum Trier
Das Rheinische Landesmuseum Trier ist eines der wichtigsten archäologischen Museen in Deutschland und dokumentiert 200.000 Jahre Geschichte und kulturelle Entwicklung der gesamten Region von der Urzeit bis zum Ende des 18. Jahrhundert.
Stadtmuseum Simeonstift Trier
Das Stadtmuseum Simeonstift ist auf die Geschichte der Stadt und der Region vom Mittelalter bis zur Gegenwart spezialisiert. Malerei, Skulptur, Textilien und Kunsthandwerk ab dem 10. Jahrhundert dokumentieren das Leben Triers und seiner Menschen.
www.museum-trier.de/Startseite/
Museum Karl-Marx-Haus
Das Geburtshaus von Karl Marx, um 1727 als barockes Wohnhaus erbaut, 1928 durch die SPD erworben, wird seit 1968 von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) als Museum betrieben. Die neue Dauerausstellung im Geburtshaus – dem größten Exponat der Schau – widmet sich der Person Karl Marx, der Entstehung seiner Theorie und deren Wirkung bis in die Gegenwart.